Social Media in Russland und der Ukraine - ein Blick in die Zukunft
Im Februar 2022 haben sich die Ereignisse überschlagen und die Welt hat sich (wohl für immer) verändert.
Auch die Marketing- bzw. die Welt der sozialen Netzwerke blieb davon nicht verschont. Doch wie wird sich die Social Media Landschaft in Zukunft verändern?
Während in der Ukraine noch immer Krieg herrscht, mögen diese Gedanken für den ein oder anderen vollkommen deplatziert sein. Andererseits sind auch viele Marketing- und Social Media Manager aktuell ohne Job, gestrandet in einem fremden Land, ohne Geld und Perspektive.
Diese Menschen strömen auf den europäischen Markt und zunehmend mehr Unternehmen können sich vorstellen diese Experten einzustellen bzw. mit ihnen zusammenzuarbeiten.
In beiden Welten zu Hause
Da ich bereits seit Jahren im Social Media Bereich tätig bin und das sowohl auf dem deutschsprachigen als auch auf dem russischsprachigen Markt, wurde ich in den letzten Monaten eingeladen über dieses Thema einen Vortrag zu halten.
Konkret sprach ich beide Male über die Unterschiede in der Kommunikation in Deutschland und dem russischsprachigen Ausland (Anmerkung: In der Ukraine spricht man sowohl Ukrainisch als auch Russisch. Es sind zwar zwei unterschiedliche Länder, jedoch aus der Social Media Sicht vergleichbare Märkte).
Diesen Vortrag habe ich im Rahmen der E-Commerce Tage in Regensburg in 2021 gehalten. Diesen hier ebenfalls in 2021, allerdings im Auftrag einer politischen Partei.
Beide Vorträge können kostenlos abgerufen werden. Beide Verlinkungen führen zu Canva.
Doch wie wird sich die Social Media Landschaft in diesen Ländern verändern?
Zuallererst: Auch ich habe natürlich keine Glaskugel und kann die Zukunft nicht vorhersehen. Außerdem muss man zwischen diesen beiden Ländern nun stärker unterscheiden. Warum?
Weiter oben im Beitrag habe ich geschrieben, dass Ukraine und Russland aus der Social Media Sicht als ein Markt angesehen werden können. Die aktuelle Lage ändern natürlich alle Parameter.
Was die Ukraine angeht, tue ich mich aktuell schwer eine Vorhersage zu treffen. Und das verständlicherweise aus einem ganz einfachen Grund: Es herrscht Krieg. Ich habe keine Ahnung wie lange dieser dauern wird, welche Schäden angerichtet werden, wie schnell sich die Wirtschaft erholen wird und und und.
Aktuell stehen Social Media Manager in der Ukraine vor der Herausforderung einer langsamen Internet-Verbindung. Diejenigen unter ihnen, die bereits remote für Unternehmen im Ausland arbeiten, können ihrer Arbeit aufgrund der kriegerischen Situation im Land aber auch der Schäden im Bereich der Kommunikationsübertragung oft nicht zu 100% nachgehen.
Diejenigen unter ihnen, die das Land verlassen haben und sich aktuell auf der Flucht befinden, sind zunehmend auf der Suche nach Aufträge. Vergangene Woche habe ich eine Freelancerin aus der Ukraine, aktuell gestrandet in Rumänien, für mein Projekt BUREAUlingo eingestellt. Im Netz, vor allem auf Telegram, entstehen immer mehr Gruppen und Kanäle für Freelancer aus der Ukraine.
{ Ich werde hier in den kommenden Tagen alle Infos mit Links posten. }
Wie sieht es in Russland aus?
Die Situation in Russland ist eine komplett andere. Dort herrscht kein Krieg, allerdings sind bereits Sanktionen im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine in Kraft getreten.
Die Zusammenarbeit mit Freelancern in Russland gestaltet sich als schwierig. Allem voran steht hier die Bezahlung. Russland wurde aus SWIFT ausgeschlossen und aktuell ist es schwierig Geld aus dem Ausland nach Russland zu überweisen. Gleichzeitig muss man jedoch anmerken, dass hier schon an Lösungen gearbeitet wird. Alle meine Kontakte, die in Russland arbeiten oder Erfahrung in der Zusammenarbeit mit dem russischen Markt haben, sind der Überzeugung, dass es eine Frage von Tagen ist, bis Überweisungen (mit welchem System auch immer) wieder möglich sind.
Instagram in Russland gesperrt
Seit heute, 14. März 2022, ist Instagram in Russland gesperrt. Nachdem Meta (der Konzern zu dem Facebook und Instagram gehören), nur wenige Tage zuvor “hate speech” gegenüber Russen erlaubt hat, reagierte die Regierung in Moskau mit einer Sperrung von Instagram.
Der Meta Konzern hat zwar die Regelung relativiert und darauf verwiesen, dass in der ursprünglichen Meldung lediglich Angehörige der russischen Armee sowie der Präsident Russlands gemeint waren, aber da war es schon zu spät. Die Entscheidung zur Sperrung war getroffen.
Nun ist es jedoch nicht so, dass es in Russland seit heute kein Instagram mehr gibt. Dank VPN funktioniert auch dieses Netzwerk weiterhin. Damit reiht sich Russland in eine Reihe von Ländern und Gebieten ein, die schon seit Jahren VPN-Verbindungen verwenden, um bestimmte Netzwerke nutzen zu können. So war Instagram auf der Halbinsel Krim schon seit Jahren nicht mehr ohne VPN nutzbar. LinkedIn wurde in Russland bisher ebenfalls ausschließlich über VPN genutzt. Auch in China kennt man sich mit VPN-Verbindungen aus. Insofern ist es für die Russen lediglich eine kleine Umstellung gewesen.
Social Media Standards in Ukraine und Russland
Für die allermeisten Menschen, die im Social Media Bereich in Deutschland (und der EU) arbeiten, wird diese Nachricht nur schwer zu glauben sein. Alle, die beide Märkte, den deutsch -und den russischsprachigen, kennen, werden mir zustimmen:
Diese Märkte sind uns um Jahre voraus.
Vielleicht muss man sagen “voraus gewesen”, denn niemand weiß, wie sich die Situation weiter entwickeln wird.
Zwei Beispiele für meine Behauptung:
In den letzten Jahren habe ich mich sowohl mit dem deutschsprachigen Angebot als auch dem russischsprachigen (also in Ukraine, Russland und Belarus) weitergebildet. Zwischen den Angeboten liegen Welten! Produkte, die bei uns funktionieren, würden in diesen Ländern keine Abnehmer finden.
Wieso?
Es gibt viel zu viel “drumherum”. Extrem lange Einleitungen, Workbooks mit zahlreichen leeren Seiten, Fokus auf Mindset-Themen und Manifestation.
In Russland geht es darum wie schnell die Schüler das Gelernte umsetzen und wieviel sie während (!) des Kurses verdient haben. Das Ganze immer mit Namen und Referenzen versehen. Aussagen wie “Sarah W. aus B. schreibt über unseren Kurs” sind in Russland explizit keine Referenz. Ganz im Gegenteil.
Ein anderes Beispiel sind die Kommentare der Social Media Manager in den russischsprachigen Chats in den letzten Tagen. Wie bereits oben geschrieben fragt sich aktuell jeder Social Media Manager wie er oder sie auf dem Europäischen Markt arbeiten kann. Dazu gibt es bereits zahlreiche Webinare von denjenigen, die sich damit auskennen und die entsprechende Erfahrung haben.
Die Reaktionen reichen von Enttäuschung bis hin zur Euphorie: “Also ist Social Media bei denen, so wie bei uns in 2017?”
Leider ja.
Oder zum Glück für Experten aus Ukraine und Russland. Die meisten sprechen Englisch. Wenn sie auch noch die Sprache des Landes sprechen, in das sie auswandern, werden sie sofort einen Job finden und diesen Job auch gut machen. Da bin ich mir sicher.
Fazit
Wie es mit den Märkten (Social Media, Online-Kommunikation) in Ukraine und Russland weitergeht, kann im Moment niemand vorhersagen. Tatsache ist jedoch, dass bereits aus beiden Ländern Social Media Experten auf den europäischen Markt drängen. Sie sind bestens ausgebildet, extrem motiviert und bereit sofort loszulegen. Dies schafft definitiv mehr Konkurrenz auf dem hiesigen Markt, wird jedoch auch für eine Steigerung der Qualität sorgen.
Sowohl Ukraine als auch Russland waren auf dem Social Media Markt bisher gänzlich unsichtbar. Was die Trends anging, schaute man stets in Richtung USA. Den in dieser Branche tätigen Experten hierzulande ist daher gar nicht bewusst wie “groß” Social Media in Russland und Ukraine ist und wie gut die aus diesen Ländern stammenden Experten ausgebildet sind.