Influencer-Marketing unter der Lupe: Massive Verstöße bei Werbekennzeichnung und Impressumspflicht
Die Verbraucherzentrale Bayern hat im Rahmen eines umfangreichen Marktchecks 26 Top-Influencer auf Instagram unter die Lupe genommen – mit einem ernüchternden Ergebnis. Die im Oktober 2025 veröffentlichte Studie zeigt: Die Mehrheit der untersuchten Influencer mit jeweils über 500.000 Followern hält sich nicht an grundlegende rechtliche Vorgaben.
Die wichtigsten Erkenntnisse im Überblick
Die Untersuchung konzentrierte sich auf zwei zentrale Rechtsbereiche:
Impressumspflicht nach § 5 Digitale-Dienste-Gesetz (DDG): Wer geschäftsmäßig auf Social Media aktiv ist, muss ein vollständiges, leicht erreichbares Impressum vorhalten. Dazu gehören mindestens Name, ladungsfähige Anschrift und E-Mail-Adresse.
Werbekennzeichnung nach § 5a Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG): Kommerzielle Inhalte müssen klar und deutlich als Werbung erkennbar sein – und zwar bevor Nutzer den Inhalt wahrnehmen.
Wo es bei den Influencern hapert
Problem 1: Fehlendes oder verstecktes Impressum
Die Studie deckte verschiedene Verstöße auf:
Komplett fehlendes Impressum: Einige Profile verlinken ausschließlich zu Online-Shops, ohne eigene Anbieterangaben bereitzustellen
Erschwerte Erreichbarkeit: Bei manchen Influencern sind mehr als zwei Klicks nötig, um zum Impressum zu gelangen – etwa über verschachtelte Linktree-Strukturen
Nicht funktionierende Links: In mehreren Fällen war das Impressum zwar verlinkt, aber die URL führte ins Leere
Agentur-Impressum statt eigenes: Manche Influencer verweisen lediglich auf das Impressum ihrer Social-Media-Agentur mit einer c/o-Anschrift
Besonders problematisch: Die Gestaltung ist extrem uneinheitlich. Mal versteckt sich das Impressum hinter "mehr", mal in einem Link-Baum, mal auf einer anderen Plattform. Für Nutzer ist kaum nachvollziehbar, wo sie suchen müssen.
Problem 2: Mangelhafte Werbekennzeichnung
Noch gravierender sind die Verstöße bei der Kennzeichnung von Werbung:
Fehlende Kennzeichnung: Viele Beiträge mit Produktplatzierungen bleiben ganz ohne Hinweis auf den kommerziellen Charakter
"Anzeige" am Textende: Der Werbehinweis wird erst am Ende langer Bildunterschriften platziert – oft erst nach Klick auf "mehr" sichtbar
Ungeeignete Begriffe: Verwendung englischer Begriffe wie "Ad" oder irreführender Formulierungen wie "Leihgabe"
Tap Tags ohne Kennzeichnung: Produkte werden verlinkt, ohne dass der werbliche Zweck erkennbar ist
Eigene Marken: Beiträge zu eigenen Modelabels oder Kollektionen werden häufig nicht als Werbung gekennzeichnet
Warum das problematisch ist
Influencer haben einen enormen Einfluss auf das Kaufverhalten ihrer Follower – besonders bei jüngeren Zielgruppen. Laut Prognosen wird der deutsche Influencer-Marketing-Markt 2025 rund 718 Millionen Euro umsetzen.
Das Problem: Die meisten Nutzer scrollen durch ihren Feed und bekommen Inhalte algorithmisch ausgespielt. Sie besuchen Profile selten aktiv. Wenn Werbung nicht sofort als solche erkennbar ist, können sie keine informierte Entscheidung treffen, ob sie sich diesem Inhalt aussetzen möchten.
Die Grenze zwischen privater Empfehlung und bezahlter Werbung verschwimmt – und genau das macht die fehlende Transparenz so problematisch.
Rechtliche Konsequenzen
Die Verbraucherzentrale Bayern hat aufgrund der festgestellten Verstöße in mehreren Fällen Abmahnungen ausgesprochen. Allerdings stieß die Rechtsdurchsetzung an Grenzen:
Einige Influencer waren mangels Impressum nicht erreichbar
Manche haben ihren Sitz im Ausland, etwa in den Vereinigten Arabischen Emiraten
Was sich ändern muss
Aus Sicht der Verbraucherschützer braucht es:
Einheitliche Designvorgaben: Klare gesetzliche Vorgaben, wie und wo Impressumsangaben und Werbekennzeichnungen zu platzieren sind – gut sichtbar, verständlich und an konsistenter Position.
Technische Standards auf Plattformebene: Automatisierte Werbeabfragen beim Upload von Inhalten könnten eine einheitliche, manipulationssichere Kennzeichnung gewährleisten.
Mehr Rechtssicherheit: Einheitliche Regelungen würden nicht nur Verbraucher schützen, sondern auch Influencern und Unternehmen Klarheit bieten.
Fazit für die Praxis
Die Studie zeigt: Transparenz im Influencer-Marketing ist keine Selbstverständlichkeit. Für Unternehmen, die mit Influencern zusammenarbeiten, bedeutet das:
Verträge sollten klare Vorgaben zur rechtssicheren Kennzeichnung enthalten
Die Einhaltung rechtlicher Pflichten sollte kontinuierlich überprüft werden
Eine einheitliche, transparente Kommunikation schützt vor rechtlichen Risiken
Denn eines ist klar: Wer heute noch auf intransparente Werbekennzeichnung setzt, riskiert nicht nur Abmahnungen, sondern auch einen Vertrauensverlust bei der zunehmend sensibilisierten Zielgruppe.
Quelle: Verbraucherzentrale Bayern e.V. (2025): Marktcheck Influencer – Abschlussbericht, Oktober 2025
Über die Studie: Untersucht wurden 26 deutsche Top-Influencer auf Instagram mit jeweils über 500.000 Followern aus den Bereichen Gesundheit/Fitness, Lifestyle und Familie. Untersuchungszeitraum: 28. April bis 30. Juni 2025, Beiträge ab 1. Januar 2025.

